Die Europäische Union hat sich auf die Fahnen geschrieben, unsere Wegwerfgesellschaft in Sachen Elektronik zu beenden. Zwei neue Verordnungen, die Ökodesign-Richtlinie (seit Juni 2025 in Kraft) und die Batterieverordnung (ab August 2027), sollen Smartphones langlebiger und reparierbarer machen. Das klingt fantastisch für uns Endverbraucher – endlich kein teurer Neukauf mehr, nur weil der Akku schlappmacht oder ein Displaytausch ein Vermögen kostet!
Doch bei genauerem Hinsehen offenbaren sich leider einige potenzielle Fallstricke, die uns als Nutzern noch Kopfzerbrechen bereiten könnten. Die Ökodesign-Richtlinie: Ein Schritt in die richtige Richtung, aber…
Die Vorgaben sind klar: Sieben Jahre Ersatzteile, fünf Jahre Software-Updates, und Geräte, die auch mal einen Sturz vertragen. Das ist großartig! Endlich mehr Verlässlichkeit und weniger geplante Obsoleszenz. Das neue Energielabel, das die Reparierbarkeit anzeigt, ist ebenfalls ein Segen für bewusste Käufer.Doch wo Licht ist, ist oft auch Schatten – und Schlupflöcher für die Hersteller:
Die Preisfrage bei Ersatzteilen: Die Richtlinie fordert, dass Ersatzteile verfügbar sein müssen. Aber zu welchem Preis? Wenn ein Display- oder Akkutausch durch Originalteile so teuer wird, dass er einem Neukauf gleichkommt, haben wir als Nutzer am Ende doch nichts gewonnen. Die Formulierung “angemessene Preise” lässt hier leider viel Interpretationsspielraum und könnte ausgenutzt werden.
“Update” ist nicht gleich “Upgrade“: Fünf Jahre Software-Updates sind Pflicht. Aber bedeutet das, dass unser vier Jahre altes Handy dann noch die neuesten Android- oder iOS-Funktionen bekommt? Oder beschränken sich die Hersteller auf reine Sicherheits-Patches, die das Gerät zwar sicher, aber nicht funktional auf dem neuesten Stand halten? Das könnte dazu führen, dass wir uns aus Mangel an neuen Features trotzdem nach einem neuen Gerät umsehen.
Reparatur für Profis – und wir? Die Richtlinie stellt sicher, dass professionelle Reparateure Zugang zu Ersatzteilen und Anleitungen haben. Aber was ist mit uns, den Bastlern und Heimwerkern? Wenn die Reparatur so komplex bleibt, dass sie spezielles Werkzeug oder Fachwissen erfordert, wird der Gang zum teuren Reparaturdienst unvermeidlich. Das konterkariert den Gedanken der echten Reparierbarkeit ein Stück weit.

Die Batterieverordnung: Der große Hoffnungsträger mit unsicherer Zukunft. Ab 2027 sollen Akkus leicht entfernbar und austauschbar sein. Das wäre ein Game Changer! Endlich wieder selbst den Akku wechseln und dem Smartphone ein zweites Leben schenken. Kein teures Einschicken mehr, keine aufwendige Klebstoffentfernung. Doch gerade hier lauern die größten “Ausnahmen der Ausnahme”:
Der “Wasserdichtigkeitstrick“: Das ist das potenziell größte Schlupfloch. Hersteller könnten argumentieren, dass ein vom Endnutzer wechselbarer Akku die Wasserdichtigkeit ihres High-End-Smartphones nicht mehr garantiert. Und da viele moderne Handys “wasser- und staubdicht” sind, könnten sie versuchen, sich unter die Ausnahme für Geräte zu flüchten, bei denen der Akkutausch die Sicherheit oder Funktion beeinträchtigt. Das wäre ein Schlag ins Gesicht für uns Nutzer, denn genau diese Geräte haben oft die fest verbauten Akkus, die wir so gerne selbst tauschen würden. Hier muss die EU ganz genau hinschauen und knallharte Leitlinien erlassen, die solche Ausreden nicht zulassen. Schließlich gibt es auch jetzt schon wasserdichte Geräte mit leicht zugänglichen Komponenten.
Das “komplexe Design“-Argument: Es besteht die Gefahr, dass Hersteller weiterhin Designs wählen, die einen Akkutausch ohne Spezialwerkzeug oder Know-how erschweren. Wenn der Akku zwar “entfernbar”, aber der Prozess so kompliziert ist, dass nur Profis ihn durchführen können, ist der Vorteil für uns Endnutzer gering.
Unsere Einschätzung als Endanwender: Hoffnung ja, Naivität nein! Die Absichten der EU sind lobenswert und ein wichtiger Schritt. Aber als Endanwender blicke ich mit einer Mischung aus Vorfreude und Skepsis auf die Umsetzung. Wir müssen genau hinschauen, ob die Hersteller die Gelegenheiten für Schlupflöcher nutzen oder ob sie die Chance ergreifen, wirklich nutzerfreundliche und nachhaltige Produkte zu entwickeln. Es liegt an uns, die neuen Labels genau zu prüfen, uns für reparierbare Produkte zu entscheiden und weiterhin Druck zu machen, damit die Verordnungen nicht zu zahnlosen Tigern verkommen. Denn am Ende des Tages geht es um unsere Brieftasche, unsere Geräte und die Zukunft unseres Planeten.
Was denkst ihr? Seid ihr optimistisch, dass die neuen Regeln wirklich etwas ändern, oder befürchtest ihr auch, dass die Hersteller Wege finden, die strengen Vorgaben zu umgehen?