Lange Zeit galt die 200mm-Festbrennweite als eine Art Relikt aus einer vergangenen Ära. Während die flexiblen 70-200mm f/2.8 Zooms die Kameras der meisten Profis und ambitionierten Hobbyisten dominierten, fristete die 200mm-Festbrennweite gefühlt eher ein Nischendasein – meist als schweres, teures Glas, das nur für spezifische Zwecke wie Sportfotografie bei schlechten Lichtverhältnissen oder Porträts mit extrem weichem Bokeh zum Einsatz kam.
Doch nun scheint sich das Blatt zu wenden. In den letzten Wochen brodelt es wieder einmal in der Gerüchteküche: Laowa und Sigma stehen angeblich kurz davor, moderne Autofokus-Versionen dieser Brennweite für spiegellose Kameras anzukündigen.
Warum plötzlich dieser Hype um eine Brennweite, die fast vergessen schien? Und macht es Sinn, eine so spezielle Optik zu kaufen, wenn die 70-200mm Zooms so vielseitig sind?
Die Anziehungskraft von 200mm f/2.0
Der Hauptgrund für die Existenz dieser Objektive liegt in ihren optischen Eigenschaften. Die große Blendenöffnung von f/2.0 ist ihr entscheidender Vorteil gegenüber den gängigen f/2.8-Zooms.
- Lichtstärke: f/2.0 lässt doppelt so viel Licht auf den Sensor wie f/2.8. Das ist ein Game-Changer für Aufnahmen bei schlechtem Licht, sei es in Sporthallen, bei Konzerten oder bei Dämmerung. Sie ermöglicht kürzere Verschlusszeiten, was essenziell ist, um Bewegungen einzufrieren, ohne die ISO-Werte in die Höhe treiben zu müssen.
- Hintergrundunschärfe (Bokeh): Ein 200mm-Objektiv bei f/2.0 erzeugt eine atemberaubende Schärfentiefe. Der Hintergrund verschwimmt zu einem cremigen, verträumten Bokeh, das das Motiv regelrecht freistellt. Für Porträts, Tier- oder Detailaufnahmen ist dieser Look oft unübertroffen.
Wer braucht eine 200mm-Festbrennweite?
Natürlich ersetzt ein solches Objektiv nicht den Allrounder-Charakter eines 70-200mm Zooms. Letzteres bietet die Flexibilität, den Bildausschnitt ohne Standortwechsel anzupassen – ein unschätzbarer Vorteil in vielen Situationen.
Die neuen 200mm-Objektive richten sich an Fotografen, die kompromisslose Leistung bei einer bestimmten Brennweite suchen.
- Sport- und Action-Fotografen: Sie profitieren von der höheren Lichtstärke, um auch in dunklen Stadien gestochen scharfe Action-Bilder zu machen.
- Porträt-Fotografen: Sie nutzen die Festbrennweite, um den unvergleichlichen Look von 200mm f/2.0 zu erzielen und Motive mit maximaler Freistellung abzubilden.
- Wildlife-Fotografen: Die Kombination aus Brennweite und Lichtstärke ermöglicht es, Tiere auch aus größerer Distanz bei schwierigen Lichtverhältnissen zu fotografieren.
Was wissen wir über die neuen Modelle?
Die Gerüchte um Laowa und Sigma deuten darauf hin, dass beide Hersteller die 200mm-Festbrennweite neu denken:
- Das Laowa 200mm f/2.0 AF soll verhältnismäßig leicht und kompakt sein und könnte sogar in das spiegellose GFX-System von Fujifilm passen. Das würde ihm eine einzigartige Position im Markt verschaffen.

- Das Sigma 200mm f/2.0 AF DG DN OS | Art hingegen wird voraussichtlich mit dem Fokus auf ultimative optische Leistung und schnellen Autofokus entwickelt, passend für die Bedürfnisse von Profis, die Sport oder Wildlife fotografieren. Es wäre eine direkte Konkurrenz zu den teuren Objektiven der Kamerahersteller selbst.

Fazit: Eine Nische wird neu belebt
Das Comeback der 200mm-Festbrennweite ist kein Zufall. Es ist eine Reaktion auf die wachsenden Möglichkeiten der spiegellosen Kameras, die leistungsstärkere und leichtere Objektivkonstruktionen erlauben. Während die 70-200mm-Zooms weiterhin die Arbeitspferde bleiben, bieten die kommenden 200mm-Festbrennweiten eine spezialisierte, aber optisch überlegene Alternative.
Für Fotografen, die den einzigartigen Look und die herausragende Low-Light-Leistung suchen, könnte der Schritt in diese Nische nun attraktiver denn je sein. Es wird spannend zu sehen, wie sich diese beiden Objektive im Vergleich zueinander schlagen und ob sie eine neue Welle der Begeisterung für die 200mm-Brennweite auslösen können.