Ergänzend zu den vorangegangenen Beiträgen zur Netzwerkinfrastruktur, NAS Anbindung und den damit einhergehenden Problemen und Möglichkeiten möchte ich heute noch einmal einen kurzen Abriss zu den bestehenden und kommenden WiFi Standards versuchen und ob es sich aktuell lohnt über Wifi 6 oder gar Wifi 6E nachzudenken.
Bei der nachfolgenden Betrachtung geht es nicht um das von außen anliegende VDSL250 – die Gedanken und Messungen beziehen sich allein auf Nutzung innerhalb der lokalen Netzstruktur zwischen Router (Fritzbox) und dem per 1GbE angeschlossenen NAS System.
Hier bei uns werkelt eine Fritzbox 7530 – diese hat noch den Wifi 5 aka “ac” Standard an Board. Die Endgeräte wie Smartphones oder auch der Laptop auf dem die Texte und Inhalte für den Blog entstehen unterstützt diesen Standard ebenso.
Was bedeutet das in der Praxis? AVM spezifiziert den WiFi Router mit folgenden Eigenschaften:
WLAN AC (bis 866 MBit/s brutto, 5 GHz). Um das etwas griffiger zu machen: Umgerechnet ergäbe das exakt 108,25MB/s – ein durchaus ordentlicher Datendurchsatz. Nur sind jene Werte eben die Brutto-Werte ohne jegliche Verluste des Wifi Signals… und jeder Arbeitnehmer kennt das brutto/netto Gefälle und das was am Ende davon übrig bleibt. Im Schnitt gefühlt die Hälfte – effektiv etwas mehr.
Ich konnte hier in unserem Umfeld auf bis zu 70MB/s lesend via Wifi in optimaler Entfernung zum Router messen – das wären also ungefähr 65% des Bruttodurchsatzes. Viel mehr ist kaum zu erwarten und auch eher top of the pop. Ein paar Meter weiter hinter Wänden oder massiven Schränken sinkt dieser Durchsatz im 5Ghz Wifi weiterhin spürbar ab sodass teilweise nur noch ein Bruchteil davon an den Endgeräten abgerufen werden kann. Schreibend ist die Leistung gar oft noch geringer – etwa wenn Ihr Daten von Eurem Endgerät per Wifi an ein NAS/Festplatte schieben wollt die am Router hängt.
Damit stellen wir auch fest, das die 1GbE begrenzung der LAN Buchsen zum NAS hier nicht unbedingt die physikalische Bremse darstellt sondern bereits das Wifi 5 @ 5GHz.
Könnte Wifi 6 hier Abhilfe schaffen? Das gilt es auszuloten. Und auch hier spielen wieder mehrere Parameter in die Betrachtung hinein. WiFi 6 aka “ax” kann in der Praxis flotter sein – sofern alle Endgeräte diesen Standard unterstützen… doch auch dann ist noch nicht alles so glasklar wie man meint.
Schauen wir uns am Beispiel der Fritzbox 7590 AX die theoretischen Datenraten im 5Ghz Netz an:
Dort wird Wi-Fi 6 (WLAN AX) bis 2.400 MBit/s (brutto) bei 5 GHz spezifiziert – also brutto bis zu 3x so flott wie noch am WLAN AC Router.
Das klingt erstmal nach einer deutlichen Verbesserung – denn gehen wir auch hier von einer theoretisch guten Nettodatenrate von 65% aus, so ergäbe dies immerhin einen Durchsatz von bis zu 1560Mbit was umgerechnet etwa 206 MB/s entspräche. Damit würden wir also auch über WLAN deutlich oberhalb von 1GbE liegen – die Begrenzung stellt dann nicht mehr das Wifi 6 AX dar – sondern das via LAN angedockte NAS System welches in unserem Fall auf 1GbE begrenzt läuft. Das ist insofern “ok” – da weder das NAS mit der 2.5GbE/10GbE Erweiterung ausgestattet ist und eben die Fritzbox sowieso nur 1GbE Lan Ports am Start hat. Möchte man hier also nochmals deutlich höhere Durchsätze erzielen kommt man um potente Switches bzw. moderne Wifi 6 Router mit entsprechend schnelleren LAN Ports nicht herum. AVM bietet da zumindest DSL Kunden aktuell nichts passendes – die 7590AX ist das Topmodell. Wildern müsste man da eher bei anderen Herstellern – doch Achtung: Hier ist oft kein Modem in den Routern integriert – den Komfort einer All in Lösung und Oberfläche zur Administration verliert man damit. Und die Kosten sind auch ein Faktor den man nicht außer Acht lassen sollte
Und bei diesen ganzen Betrachtungen muss ich nochmal zurück zur Problematik der Endgeräte kommen. Denn: Selbst ein modernes Macbook bietet laut technischen Daten “nur” WiFi 6 mit maximal 1200Mbit/s – also umgerechnet 150MB/s brutto. Und da wir das Spiel ja bereits kennen setzen wir auch hier mal unsere optimistisch gerechneten 65% Netto-Durchsatz an und landen somit bei 780Mbit/s aka 93,75MB – womit wir letzten Endes genau an der 1GbE Grenze kratzen und das 1GbE Nas plötzlich als Sweet-Spot erscheint bzw. ein schnelleres Modell hier kaum Vorteile in der bestehenden Netzwerkumgebung bringen würde.
Und dann gibt es da auch noch dieses Wifi 6E – eine Ergänzung des Wifi 6 Standards um ein neues Frequenzband im 6Ghz Bereich. Dieses Band dürfte noch ziemlich “frei” sein und könnte Vorteile mit sich bringen – aber hier besteht aktuell noch das Ei/Henne Problem. Es gibt kaum Endgeräte und auch die Router die diesen Standard bereits sprechen kann man beinahe an zwei Händen abzählen. Sicherlich wird man über entsprechende Lösungen wie Steckkarten oder auch USB/Thunderbolt Sticks den Wifi 6E Standard nachrüsten können – aber preislich ist das ganze zumindest für den Heimanwender noch relativ unattraktiv – auch weil die Datenraten mit der 6E Ergänzung gar nicht so massiv hochgehen – attraktiv ist eher das unverbrauchte 6Ghz Band – zumindest im Nachbereich. Denn für längere Distanzen eignen sich höhere Frequenzen nur bedingt – strukturell müsste man hier also direkt über ein Mesh aus mehreren Repeatern nachdenken und das treibt die Kosten weiterhin nach oben.
Was also tun? Ganz konservativ betrachtet einfach beim 1GbE Netzwerk bleiben und dieses ggfs. durch ein AX Wifi 6 optimieren und ans Limit treiben.
Alternativ Wifi 6E in Betracht ziehen – wobei hier die Datenraten nur marginal höher ausfallen dürften.
Alles darüber hinaus birgt Kosten bis in den vierstelligen Bereich wenn die komplette Struktur aus Router, NAS und Endgeräten auf den neusten Stand gebracht werden soll. Die Preise werden fallen und künftige Geräte gewiss auch mit Wifi 6E an Board kommen – aber die Mühlen einiger Hersteller mahlen bekanntlich langsam und Standards setzen sich nicht immer durch.
Zumal Wifi 7 alias IEEE 802.11 BE bereits in der Zertifizierungsphase ist und 2023 mit ersten Hardware-Implementierungen zu rechnen ist. Und dieses Wifi 7 aka BE scheint dann auch in Sachen Speed tatsächlich einen ordentlichen Sprung nach vorn zu machen – man munkelt von bis zu 30Gbit (30.000Mbit/s)! Damit dürfte man eine 10GbE Netzinfrastruktur mit sehr hoher Geschwindigkeit “over the air” verteilen können. Das klingt durchaus spannend und lässt hoffen.
Ich habe mich dafür entschieden vorerst keine großen Sprünge zu machen. Allein die 7530 Fritzbox von AWM werde ich testweise durch ein 7590AX Modell tauschen um zu sehen ob sich ein Sprung von Wifi 5 auf Wifi 6 in meiner Netzwerkumgebung positiv auswirkt oder das ganze kaum einen Mehrwert beim Datendurchsatz bringt. Die bisherigen Peaks von bis zu 70Mb/s lesend nagen ja bereits am Wifi 5 Standard – entsprechend würde ich mir eine Erhöhung auf bis zu 100MB/s lesend durch WiFi 6 wünschen. Mal schauen ob das ganze auch praktisch umsetzbar ist oder hinter den Erwartungen zurückbleibt.
Wie sind Eure Erfahrungen? Nutzt ihr modernes WiFi? Wo liegen bei euch die Datenraten im Netzwerk? Oder nehmt ihr sowieso lieber eine “stabile Strippe” anstatt Drahtlos-WiFi? 🙂