Mit der vierten Etappe begaben wir uns nun Stück für Stück immer weiter in Richtung Norden zum finnischen Meerbusen und Estlands Hauptstadt “Tallinn”… und darüber hinaus begann nun die wirklich große Frage: Wie wird die Ausreise aus der EU am Grenzfluss Narva ablaufen? Und lässt uns die russische Seite problemlos mit dem privaten PKW einreisen sodass wir unserem Ziel St. Petersburg auch wirklich näher kommen? Oder wird es Probleme geben? Entsprechende Reise-Visa und Versicherungsscheine hatten wir im Vorfeld besorgt.
Da sich mittlerweile die ersten Speicherkarten meiner Kamera füllten (fotografiert wurde im jpg+RAW-Format) – fütterte ich unterwegs immer mal wieder meinen mobilen Fotospeicher um im Falle eines Kartenverlustes oder Kartenfehlers noch ein Backup zu haben. Der Nexto ND2901 hat sich auf der gesamten Reise als wirklich treuer und solider Begleiter herausgestellt und verrichtete seine Arbeit anstandslos und fehlerfrei… durch die “Update”-Funktion werden auch wirklich immer nur neu hinzugefügte Dateien ergänzt – das spart auch Zeit.
Während wir Tallinn dann am Abend in der Dämmerung und im vollen Regen erreichten, zeigte sich die Stadt am nächsten Tag glücklicherweise von einer deutlich freundlicheren Seite. Das Apartment buchten wir mal wieder kurzfristig auf dem Weg, der Wohnungschlüssel wurde diesmal nicht persönlich übergeben sondern in einem kleinen Safe nahe der Wohnung deponiert – etwas ungewöhnlich aber es funktionierte problemlos und wir hatten binnen kürzester Zeit eine Unterkunft in zentraler Lage.
Natürlich mussten wir auch in Tallinn wieder einen Fernsehturm erklimmen – um uns einen Überblick zu verschaffen. Im Inneren kann man eine Ausstellung bewundern und viele interaktive Monitore bedienen – und natürlich die Ausschicht genießen.
Die Altstadt bietet in Hafennähe teils modernen Charme – die Altstadt im Kontrast viele kleine Häuser, Gassen, Türmchen und auch russische Einflüsse lassen sich kaum leugnen. Es lässt sich ganz hervorragend flanieren, staunen und fotografieren.
Wenn der kleine Hunger kommt, bietet Tallinn zudem unzählige Lokalitäten… Neben vielen eher klassischen Restaurants entlang des Rahthausplatzes gibt es auch diverse kleinere und urige Lokale in denen man für wenig Geld sehr ordentliche Portionen bekommen kann… Ein Beispiel dafür ist etwa der “Kompressor” – ein auf Pfannkuchen spezialisiertes Lokal. Der Platz ist beschränkt und die Plätze entsprechend gut belegt. Bestellt wird ganz hip direkt an der Kasse, geliefert wird dann an den Platz… und die Portionen haben es in sich. Neben süßen Pfannkuchen und kleineren Vorspeisen gibt es vor allen Dingen riesige herzhafte Pfannkuchen – gefüllt mit z.b. Hünchen, Pilzen oder auch Schrimps, Thunfisch usw… Bei Preisen um 5€ pro Portion kann man hier rein gar nichts falsch machen. Es schmeckt wunderbar und danach verspürt man einen enormen Bewegungsdrang – ideal also um Kraft zu tanken und sich dann weiter zu Fuß durch die Stadt zu bewegen. Zum nachspülen gibt es auch in Tallinn einen “eigenen” Likör – den Vana Tallinn mit satten 40%…. geschmacklich gewiss nicht jedermanns Sache und auch mich konnte er nicht vollends überzeugen – aber lokale Spezialitäten muss man halt einfach ausprobieren!
Am nächsten Morgen ging es dann Richtung EU-Außengrenze… Wie genau die Ausreise abläuft wussten wir im Vorfeld nicht eindeutig… angeblich müsse man sich im Vorfeld über ein neues elektronisches System Namens GoSwift anmelden… leider waren jedoch bereits 2 Tage vorher – als wir einen “Slot” buchen wollte alle Plätze belegt.. was also tun? Auf Gut Glück zur Grenze fahren oder 2 Tage länger in Estland bleiben bis wir einen Slot bekommen? Wir versuchten ersteres und fuhren auf gut Glück ‘gen Osten….
Auf dem Weg von Tallinn zur Grenze versuchten wir es dann noch einmal per Smartphone und buchten nun einen Platz in der s.g. “Live Queue”… zu diesem Zeitpunkt wussten wir jedoch nicht ob und vor allen DIngen was uns diese Variante bringt – auch weil jeweils ein Zeitlimit von 60min angegeben wurde, unsere Fahrzeit zur Grenze aber erheblich länger gewesen ist. Da diese Buchung aber nur 1,50€ kostete – probierten wir es einfach mal.
Angekommen in der Grenzregion Narva mussten wir uns erst einmal zurechtfinden… so fuhren wir einmal bis zur Grenze vor – stellten jedoch fest das wir so nicht weiterkommen und wohl tatsächlich die entsprechend ausgeschilderten “Warteplätze” wenige km vor der Grenze ansteuern müssen. Dort angekommen waren wir etwas ratlos und ich machte mich auf ein paar Camper aus Österreich anzusprechen, während meine Freunde versuchten die russischen Informationstafeln zu übersetzen… Laut Auskunft der Camping-Freunde mit ihren Wohnmobilen müssten wir uns einen Slot am ersten Häuschen für 1,50€ buchen um eine Wartenummer zu bekommen… Sie standen schon über 3 Stunden auf dem Parkplatz und warteten auf den Aufruf ihrer Wartenummern… das klang natürlich wenig vielversprechend…
Während mir die freundlichen Rentner dies erläuterten, erblickte ich im Hintergrund einige Anzeigetafeln auf denen diverse Kennzeichen und Reservierungsnummern durchtickerten…. und plötzlich tauchte dort auch unser Kennzeichen auf – offenbar hatten wir mit der “Slot-Bestellung” in der Live-Queue für 1,50€ per Handy einiges richtig gemacht und konnten entsprechend direkt zum letzten Häuschen vor der Ausgangs-Schranke um den ein oder anderen Stempel und Strichcode zu bekommen und durften dann direkt wieder in Richtung Grenze fahren und uns dort anstellen. Bis dahin lief also alles bestens – keine Wartezeiten auf sinnlosen Parkplätzen…. Innerhalb weniger Minuten durften wir in den Grenzbereich der EU-Außengrenze von Estland einfahren – und folgten den Anweisungen der Beamten. Nachdem das Auto und der Inhalt nur augenscheinlich in Blick genommen wurden und auch unsere Papiere keinen Grund zur Beanstandung gaben, hätten wir eigentlich in den Bereich zwischen beiden Staaten, die Brücke über den Fluss Narva – die der Region Ihren Namen gibt, einfahren dürfen.
Doch daraus wurde erst einmal nichts… laut Aussage des estnischen Beamten gäbe es Probleme auf russischer Seite – daher begann nun die erste Stunde Wartezeit. Und dabei sollte es nicht bleiben…